Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt
von Thomas Enders, 23.01.2025
Sie kennen das ja schon von mir, das Kramen in alten Kartons und Schachteln. Da fiel mir ein Liederheft in die Hände, da haben wir zu meiner Zeit in der Jungen Gemeinde mit Begeisterung daraus gesungen. Das liegt nun schon über 50 Jahre zurück. Das Lied, um das es geht: „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit. Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.“ Es stammt von Martin G. Schneider in „Gott liebt diese Welt“. Beim Lesen und beim nochmals Singen des Liedes kamen mir folgende Gedanken in den Sinn, und ich lade Sie ein, mit darüber nachzudenken.
Zwei Schiffe habe ich dabei vor Augen: Zum einen ein großes Kreuzfahrtschiff, so wie die AIDA und ein Segelschulschiff, so wie die Gorch Fock.
Auf dem Kreuzfahrtschiff checke ich ein und genieße den Luxus und die Annehmlichkeiten, die mir das Personal so bietet. Ich habe ja gut bezahlt für die Reise. Wenn dann mal was nicht so funktioniert, wie ich es mir gedacht habe, kann ich mich beim Servicepersonal ja beschweren. Aber dann passiert etwas (und hier hinkt der Vergleich vielleicht), das Personal auf dem Schiff wird knapp, kein Nachwuchs, welche heuern ab, andere gehen in Rente. Die Kreuzfahrt soll doch weitergehen, so wünschen es sich die zahlenden Gäste, aber der Komfort muss eingeschränkt werden und es kann sein, dass so manche „Unterhaltungsshow“ nicht mehr stattfinden kann. Es kann eventuell auch passieren, dass das Schiff im Hafen liegen bleibt.
Im Lied heißt es dazu: „Das Schiff, das sich Gemeinde nennt, liegt oft im Hafen fest, weil sich`s in Sicherheit und Ruh bequemer leben lässt. Man sonnt sich gern im Glanz vergangner Herrlichkeit und ist doch heute für den Ruf zur Ausfahrt nicht bereit. Doch wer Gefahr und Leiden scheut, erlebt von Gott nicht viel. Nur wer das Wagnis auf sich nimmt, erreicht das große Ziel.“
Und jetzt das zweite „Beispielschiff“ – das Segelschulschiff. Da ist es enger und vielleicht auch nicht so komfortabel. Aber weil man enger beieinander ist, lernt man sich auch besser kennen. Noch ein „Vorteil“ – jeder wird gebraucht, es gibt keine Trennung in „Mannschaft“ und „Gäste“. Es muss ja nicht jeder alles können. Einige trauen sich, auf den Mast zu klettern und Ausschau nach dem Ziel zu halten, andere raffen die Segel, einige schrubben das Deck und wieder andere sind in der Kombüse. Der Beispiele gäbe es noch viele. Das kann doch unheimlich spannend und aufregend sein und schweißt auch in brenzligen Situationen zusammen. Manchmal liegt das Schiff ja auch „gut im Wind“ und alle auf dem Schiff können zusammen feiern, das Meer genießen und Kraft tanken für die kommende raue See.
Foto von Michael Held auf Unsplash
Im Lied heißt es dazu: „Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, muss eine Mannschaft sein, sonst ist man auf der weiten Fahrt verloren und allein. Ein jeder stehe, wo er steht, und tue seine Pflicht, wenn er sein Teil nicht treu erfüllt, gelingt das Ganze nicht. Und was die Mannschaft auf dem Schiff ganz fest zusammenschweißt in Glaube, Hoffnung, Zuversicht, ist Gottes guter Geist.“
Einen dritten Gedankengang möchte ich gerne noch weitergeben. Ich bin der Auffassung, dass die Zeit der „Kreuzfahrtschiffe“ in Bezug auf unser Gemeindeverständnis vorbei ist. Das Bild eines „Segelschulschiffes“ ist für die Zukunft der Gemeinde angesagt. Als Kirchenvorstand waren wir im Januar zu einer Rüstzeit beieinander und haben über den Weg oder - im Bild zu bleiben - über die Reise unseres „Gemeindeschiffes“ miteinander nachgedacht. Es fällt uns vielleicht erstmal schwer, den „Koffer“ zu packen, um das ach so bequeme Kreuzfahrtschiff zu verlassen. Wir waren doch so gut in unseren Kabinen eingerichtet. Doch wir brauchen keine Angst zu haben, auch das Segelschiff fährt gut.
Und noch etwas ist entscheidend für alle, die meinen, es wäre doch gefährlich. Wir haben jemand mit an Bord, der sich mit Stürmen auskennt. Im Matthäusevangelium (Mt. 8,23-27) lesen wir: „Und siehe, da erhob sich ein großer Sturm auf dem See, so dass auch das Boot von Wellen überspielt wurde. / Und er stand auf und herrschte den Wind und das Meer an. Da entstand eine große Stille.“
Im Lied heißt es dazu: "Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit. Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit. Und wenn uns Einsamkeit bedroht, wenn Angst uns überfällt: Viele Freunde sind mit unterwegs, auf gleichen Kurs gestellt. Das gibt uns wieder neuen Mut, wir sind nicht mehr allein. So läuft das Schiff nach langer Fahrt in Gottes Hafen ein.
Bleibe bei uns, Herr! Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir allein auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns, Herr!"
„St. Jakobus im Vogtland“- wäre das nicht ein toller Name für ein Segelschiff? Wann geht die Fahrt los?