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Was macht eigentlich ein Kirchenvorstand?

von Thomas Enders, 06.08.2024

"So eine dumme Frage" werden einige von Ihnen denken, andere vielleicht sagen: “Das weiß ich gar nicht so genau“.

Was nimmt die Gemeinde von dem Gremium wahr, das alle 6 Jahre neu gewählt wird? 

Sind das die, die Friedhofsgebühren erhöhen und sich um Bausachen kümmern? Oder sind das Frauen und Männer, die die Pflicht haben, jeden Sonntag zum Gottesdienst zu gehen und auch sonst alle anfallenden Arbeiten in der Gemeinde erledigen? Etliches davon ist richtig, aber es nicht die ganze Wahrheit.

Die Kirchvorsteherinnen und Kirchvorsteher, übrigens altersmäßig bei uns nicht nur jenseits der 60er Jahre, haben eine noch viel wichtigere Aufgabe. In den Ordnungen unserer Landeskirche heißt es: „Der Kirchenvorstand trägt Verantwortung für geistliche Aufgaben im Bereich der Kirchgemeinde“. Dann wird eine ganze Reihe von Dingen aufgezählt, die das näher erklären.

Damit komme ich nun zum eigentlichen Anliegen des Artikels. Wenn der Kirchenvorstand diese Aufgabe ernst nehmen will, muss er sich in seinen Sitzungen selbst geistlich zurüsten. Nicht nur eine schnelle Andacht und Gebet, sondern intensiver Austausch und das Hören, was Gott uns in unserer Situation sagen will. 
Im letzten Jahr haben wir gemeinsam den Philipperbrief studiert, in jeder Sitzung einen Abschnitt. Das war sehr erfrischend, weil so viele verschiedene Sichten deutlich wurden und trotzdem eine Einheit im Glauben spürbar war.

Mir fiel vor einiger Zeit ein Buch mit dem etwas provokanten Titel: „Der evangelische Patient. Die Kirche: eine Heilungsgeschichte“ in die Hand. In dem Buch beschreiben die Autoren (2 langjährige Gemeindepfarrer, die wissen, wovon sie schreiben) anhand von zwölf Berichten aus dem Neuen Testament, in denen Jesus kranke Menschen heilt, was unserer evangelischen Kirche heute „fehlt“. Dieses Buch „bearbeiten“ wir nun Kapitel für Kapitel in jeder unserer KV-Sitzungen. Alles hier auszuführen würde den Umfang sprengen. Deshalb nur ein paar bemerkenswerte Gedanken:   

Buch "Der evangelische Patient" neben offener Bibel und Losung , Notizbuch, Stift und brennender Kerze

1. Willst du gesund werden - Der Gelähmte am Teich Betesda (Joh. 5,1-15) 

Quellen statt Zäune. Was können Wasserquellen sein? Wie kann man unser Angebot so gestalten, dass die Menschen Berührungshemmungen abbauen und überwinden? Wo suchen wir überhaupt geistliches Wasser? Quellen sind die Begegnungen mit Jesus und anderen Menschen in vielen Formen: Abendmahl, Hauskreis, Predigtvorbereitung, Stille Zeit, Zwiesprache und Gebet mit anderen, … 

Fazit: Teilziel ist es, Quellen zu finden wo die Menschen Kraft finden. Daraus wird abgeleitet, Strukturen zu schaffen, wo man Leute befähigt, selbst zur Quelle werden zu können.

2. Wessen Geistes Kind sind wir? - Die Heilung des Besessenen von Gerasa (Markus 5, 1-13) 

a) Setzen wir die Schwerpunkte bei der Verkündigung des Evangeliums? Oder beschäftigen wir uns maßgeblich mit der Abarbeitung alltäglicher Entscheidungen. Investiert der KV zu wenig in die geistliche Leitung der Gemeinde?
b) Passen wir die Gemeindestruktur zu sehr politischen Vorgaben an? Verschenken wir das Evangelium Christi? Wie und wo werden die Unterschiede zu politischen Parteien, Gewerkschaften u. ä. deutlich? Wo sollten wir uns auf Basis unseres Glaubens einmischen und welche Themen sind von uns nicht vorrangig zu besetzen? Was ist aus christlicher Sicht zu sagen?
c) Persönliche Aspekte und Ansprüche finden im Kontext der Kirche auch nach außen Ausdruck. Fehlende Bindungen zwischen den Menschen führen auch zu abnehmender Bindung an eine/unsere Gemeinde. Worum wollen wir uns bemühen? Wie kommen wir zu einer Einheit? Wie und wo geben wir in unserem persönlichen Mitwirken die Führungsrolle an Jesus? Wo sind wir von seinem Geist geprägt?
d) Was sind die „Friedhöfe“, die wir verlassen müssen? Wo sind wir in uns gebunden, d.h. nicht bereit, uns in Frage zu stellen bzw. in Frage stellen zu lassen? 

Uns als Kirchenvorstand tut das Nachdenken über die Gedanken des Buches jedenfalls gut. Wir merken, nicht alle angesprochenen Probleme lassen sich sofort lösen, aber ein Weg und eine Richtung wird uns aufgezeigt. 

Das Buch sollte eigentlich jeder lesen, dem Gemeinde Jesu ernsthaft am Herzen liegt.  

(ISBN 978-3-374-06630-8
15,00 Euro)